Schrauberkurs für Motorradfahrer

An älteren Maschinen wird gerne selbst geschraubt, doch viele Motorradfahrer, die das aus Interesse oder Geldmangel gerne würden, brauchen für den Anfang jemanden, der sie ein wenig anleitet.

Daher werden in den entsprechenden Foren immer wieder die gleichen Fragen zu grundlegenden Wartungs- und Reparaturarbeiten gestellt. Einige wollen sich aber auch gerne zeigen lassen, was man braucht, wie es geht und worauf man achten muss, denn die Antworten auf die gestellten Fragen sind ja erst einmal reine Theorie, und wenn der angehende Selbstschrauber dann vor seiner Maschine steht, ist mitunter nicht alles so, wie beschrieben oder verstanden.

Im Juli 2012, als jemand im Forum von www.transalp.de explizit nach Anbietern für Motorrad-Reparaturkurse fragte, entstand die Idee, derartiges innerhalb der Community anzubieten. Wo man sich ohnehin zu gemeinsamen Ausfahrten und Stammtischen verabredet und regelmäßig regionale und überregionale Treffen veranstaltet, bot sich das als Bereicherung der gemeinsamen Aktivitäten geradezu an.

Ich gliederte die möglichen Kursangebote in drei Einheiten:

1. Schrauberkurs I für Anfänger
Mit diesem Kurs sollte das grundlegende Wissen vermittelt werden, das man benötigt, um Routinearbeiten am Motorrad selbst vornehmen zu können. Neben anderen Wartungsarbeiten die Kontrolle von Ölstand und Luftfilter oder der Bremsen (Flüssigkeit und Beläge), der Austausch, falls notwendig, Aus- und Einbau der Räder, um neue Reifen aufziehen zu lassen, sowie das Einstellen des Kettendurchhangs.

2. Schrauberkurs II für Fortgeschrittene
Hier sollten Arbeiten vorgeführt, bzw. unter Anleitung selbst durchgeführt werden, wie das Einstellen der Ventile, die Reinigung, Einstellung und Synchronisation der Vergaser, aber auch der Wechsel eines Kettensatzes, begleitet von Aus- und Einbau der Schwinge und das Ersetzen des Lenkkopflagers.

3. Schrauberkurs E für Arbeiten an der Fahrzeugelektrik
Da diese Materie oft sogar für ansonsten versierte Selbstschrauber ein Problem darstellt, sollte dieser Kurs als Einführung in die allgemeine Kfz-Elektrik dienen und eine gezielte Fehlersuche mit anschließender Behebung der Probleme zum Ziel haben.

 

Eine spezielle Ausrichtung auf Kurse für Frauen, wie es in vielen kommerziellen Angeboten der Fall ist, war dabei nicht geplant, und der erste Kurs im Oktober 2012 bestätigte, dass dies auch nicht notwendig war.

Angemeldet hatten sich acht User des Forums, die am Vormittag eintrafen und, was die Sache stark vereinfachte, weitgehend identische Maschinen fuhren. Die Gruppe bestand aus drei Männern und drei Frauen, die zum Teil Praxiserfahrung durch einige kleinere Arbeiten hatten.
Da ich selbst noch keine Erfahrung mit Kursen dieser Art verbuchen konnte, war ich gespannt, ob es mir gelingen würde, das Wissen, das ich selbst anwende, verständlich zu vermitteln.

Wir begannen mit der Bestandsaufnahme des Bordwerkzeugs und dessen Einsatzmöglichkeiten an den verschiedenen Stellen der Maschinen. Im Anschluss daran wollte ich die verschiedenen Bereiche durchgehen und erläutern. Da jedoch zu beinahe jedem Punkt konkrete Fragen gestellt wurden, die sich teilweise auf akute Probleme an den jeweils eigenen Maschinen bezogen, unterbrachen wir diesen Exkurs immer wieder, um uns eben diesen Dingen zu widmen.

Nach der Erläuterung grundsätzlicher Arbeiten am Motorrad unter Verwendung des Bordwerkzeugs kamen wir deshalb zu gerade einmal 80% dessen, was ich mir vorgenommen hatte. Immerhin gelang es mir, den kompletten vorderen Teil der Transalps ausführlich zu beschreiben und zu erklären, an welchen Stellen besondere Dinge berücksichtigt werden mussten.

Wir füllten eine Batterie mit (ungewöhnlich viel) destilliertem Wasser auf und maßen die Ladespannung, die erwartungsgemäß wesentlich zu hoch war.
Bei einer anderen Maschine bauten wir das Vorderrad aus und wieder ein, um zu sehen, worauf es bei dieser Aktion ankommt und lösten anschließend den Bremssattel, da dieser schwergängig geworden war, was sich mit ein bisschen sanfter Pflege beseitigen ließ.
Eine weitere Maschine wurde im Betrieb zu warm. Daher prüften wir zunächst den Stand der Kühlflüssigkeit und kamen, da diese ausreichend vorhanden war, zu dem Schluss, dass das Thermostatventil nicht öffnete, was zur Folge hatte, dass die Kühler nicht durchströmt wurden. Angesichts der niedrigen Temperaturen, die ein gefahrloses Weiterfahren ermöglichten und aus Mangel an Dichtungsmaterial verzichteten wir darauf, das Thermostatventil auszubauen.

Nach diesen und weiteren auf konkrete Fälle bezogene Aktivitäten kamen wir leider nicht mehr dazu, ein Hinterrad aus- und einzubauen und den Kettendurchhang einzustellen oder andere grundlegende Arbeiten durchzuführen.
Immerhin jedoch konnten wir uns ein wenig der Elektrik widmen, was zwar eher zum E-Kurs gehörte, aber mit einem Überblick über Lage und Dimensionierung der einzelnen Sicherungen, insbesondere der Hauptsicherung, geplanter Bestandteil dieses Kurses war.

Alles in allem hatten wir einen unterhaltsamen und lehrreichen Tag mit durchweg positiver Resonanz. Vor allem die teilnehmenden Frauen äußerten sich dankbar darüber, dass keiner der anwesenden Männer in zuvor befürchteter Besserwissermanie auftrat. Im Gegenteil – die Kommunikation untereinander war von viel Respekt und Freundlichkeit geprägt, immerhin gehörte man nicht zuletzt durch das Forum, wo man bereits das ein oder andere Wort miteinander gewechselt hatte, zusammen.
Alle Teilnehmer hatten etwas gelernt und, wo es noch nicht der Fall war, die Scheu verloren, selbst einmal Hand anzulegen.

 

Fazit: Obwohl gerade die Tatsache, dass ich die Kursinhalte nicht konsequent verfolgt habe und viel auf spezielle Fragen und Probleme eingegangen bin, lobend erwähnt wurde, denke ich, dass es für weitere Kurse sicher sinnvoll ist, noch ein wenig strukturierter vorzugehen und damit auch mehr Informationen liefern zu können, die für alle Teilnehmer wichtig sind.
Das muss dem Behandeln spezieller Dinge nicht entgegen stehen. Hier wird aber sicher die Erfahrung zeigen, welcher Weg letztendlich der beste ist.

Der Schrauberkurs für Fortgeschrittene wird wohl noch etwas warten müssen, denn angesichts des Umstands, dass selbst einfachste Arbeiten sehr zeitaufwändg werden, wenn man sie gleichzeitig erklärt, gehe ich davon aus, dass sich kaum mehrere Arbeiten im Rahmen eines Kurses durchführen lassen.
So könnte ein Schrauberkurs für Fortgeschrittene eher konkrete Fälle einzelner Teilnehmer betreffen, wie das Wechseln des Kettensatzes oder des Lenkkopflagers, bei dem andere dann lediglich als Zuschauer anwesend sein können.

Wiederholungen des Schrauberkurses wird es in jedem Fall geben. Aller Wahrscheinlichkeit nach dann nicht nur für Transalp-Fahrer, sondern, sofern Interesse besteht auch für die Community von MO24.