Eifel: 580 über und 15 unter Null

Pünktlich zum meteorologischen Frühlingsanfang am 1.3.2013 geht es mal wieder in die Eifel. Dort treffe ich mich einmal jährlich an einem Wochenende mit befreundeten Familien. Normalerweise sind meine Lieben zumindest teilweise mit von der Partie, aber in diesem Jahr muss / darf ich alleine fahren. Die Frage, wie ich ans Ziel komme, ist daher schnell beantwortet: Mit dem Motorrad, denn ich bin in diesem Winter bisher nur im Düsseldorfer Großraum unterwegs gewesen, und kleinere Entzugserscheinungen haben sich bereits eingestellt.

Nebenbei bemerkt ist der heutige Tag zumindest formell offizieller Start der Motorrad-Hauptsaison, denn viele Bruchstrichfahrer dürfen ab heute wieder mit ihren Maschinen auf die Straße. Angesichts der Witterungsbedingungen, die noch keinen Frühling vermuten lassen, sind außer mir aber kaum Motorradfahrer unterwegs, und ich kann meine Hände an den Heizgriffen lassen, da mir gerade mal ein einziger Motorradfahrer entgegen kommt, den ich mit einem knappen Kopfnicken grüße.

Nach dem Start bei etwa 70 leicht verregneten Höhenmetern in Düsseldorf und einer Temperatur knapp unter dem Nullpunkt fahre ich eine kurze Strecke über die A46, um auf die linke Rheinseite zu kommen. Ab hier sind dann nur noch Landstraßen und Wege niedriger Ordnung angesagt.
Obwohl mit den dicken Winterklamotten, Heizgriffen und Lenkerstulpen bestens gegen die Kälte geschützt, halte ich dreimal im Abstand von etwa 20 km an, um der Natur ein wenig Flüssigkeit zukommen zu lassen.
Wenn man schon keine Gelegenheit zum Schwitzen hat, muss das Wasser den Körper nun einmal auf einem anderen Weg verlassen …
Während des ersten Stopps, nachdem ich den Pegel der Erft unbedeutend erhöht habe, fragt mich eine Autofahrerin, ob ich eine Panne hätte. Sehr freundlich, vielen Dank. Es ist alles in Ordnung.

Schnee und Nebel ab 200 m über Nn

Schnee und Nebel ab 200 m über Nn

Ab etwa 200 Höhenmetern – das ist ungefähr bei Gehn, nördlich von Mechernich – ist die Landschaft schlagartig in lückenloses Weiß getaucht. Zu meinem Glück sind die Straßen aber weitgehend frei und manchmal sogar fast trocken.
Unangenehm wird es aber ein wenig später, als plötzlich Nebel dazu kommt und die Sichtweite teilweise weniger als 70 Meter beträgt.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Einheimischen anscheinend so sehr aufs Energiesparen fixiert sind, dass sie ohne Licht fahren.
Ich jedenfalls freue mich über die zusätzlichen 100 Watt, mit denen ich für entgegenkommende Autofahrer gut zu erkennen bin.

Ursprünglich hatte ich vor, hinter Mechernich in Richtung Schleiden weiter zu fahren und ab dort nur noch die kleinen Nebenstraßen zu benutzen, aber angesichts dieser Umstände bleibe ich lieber auf einer sicheren Route, die mich zudem auch etwas früher ans Ziel bringt, denn im Nebel zeigt das Thermometer zwischenzeitlich -15°C an, und das über einen längeren Zeitraum wird wirklich unangenehm.

Nebenbei bemerkt: Wegen der Heizgriffe und der Lenkerstulpen fahre ich, wie im Winter üblich, nur mit Sommerhandschuhen. Das ist auch kein Problem, denn wirklich kalt werden die Finger nicht.

Die Wahl des Helms hätte an diesem Wochenende aber anders ausfallen können. Statt des Schubert-Klapphelms mit Pinlock und ordentlicher Belüftung, der eine intelligente Entscheidung gewesen wäre, hatte ich mich vor der Abfahrt kurzfristig für einen leichten Endurohelm mit Visier entschieden. Das rächt sich jetzt, denn das Visier beschlägt von innen, da die Atemluft deutlich wärmer ist, als der Kunststoff. Da hilft auch die Anti-Beschlag-Schicht auf der Innenseite nicht mehr.
Ergo fahre ich bei fieser Kälte und mit kristallisierendem Wasser in der Luft mit offenem Visier und ohne Endurobrille. So einen „Spaß“ hatte ich seit den 80ern nicht mehr, als die Ausstattung auf zwei Rädern meist eher spartanisch war.

Das Ziel, Alter Bahnhof in Mülheim bei Blankenheim (von 580 runter auf 530 Höhenmeter), erreiche ich trotzdem in akzeptabler Zeit. Lediglich der vor der Ankunft geplante Bier-Einkauf wird verschoben, denn mittlerweile möchte ich nur noch ins Warme und raus aus den Klamotten.
Außerdem befürchte ich, dass ich, einmal runter von der Maschine, nicht mehr drauf komme, steifgefroren, wie ich mittlerweile bin.

angekommen

angekommen

Die letzten Meter werden dann noch spaßig, denn der Räumdienst hat die Straße nur bis etwa 50 Meter vor den Bahnhof vom Schnee befreit. Ab da muss ich über dicken, überfrorenen Schnee fahren. Eiern wäre vielleicht zutreffender, denn die Vereisung lässt abwechselnd Vorder- und Hinterrad unnatürliche Seitwärtsbewegungen machen.
Jetzt aber nichts wie runter vom Bock und rein ins Warme. Harald und Rüdiger sind schon seit Mittag da und haben die Heizung angedreht. Danke dafür!!!
Füchschen Alt ist auch bereits vorhanden, und die Hackfleischsoße köchelt vor sich hin. Die Verpflegung für den Abend stimmt also.

Das Wochenende von Freitag Abend bis Sonntag Vormittag verläuft ebenso gemütlich wie gefräßig. Draußen gibt es eine Feuerstelle, an der wir es uns nicht nehmen lassen, ein Lagerfeuer im Schnee zu machen.
Wir halten es aber kaum länger, als eine Stunde draußen aus, machen es uns also schnell wieder drinnen mit dem beliebten Füchschen Alt gemütlich.

abfahrbereit

abfahrbereit

Nach dem Frühstück, gefolgt von Aufräumen und oberflächlichem Reinigen des Hauses verabschieden wir uns, und ich starte als Erster in Richtung Heimat.
Wieder geht es über die Rutschpiste zur geräumten Straße und, sobald die Reifen genug Grip haben, ab nach Hause.

Die Rückfahrt gestaltet sich wesentlich angenehmer, als die Hinfahrt. Dennoch wähle ich eine schnelle Route über Bundesstraßen. Die Umstände der Anreise sollen meinetwegen eine einmalige Erfahrung bleiben. Zumindest fürs erste.

Über die gesamte Strecke sind die Straßen diesmal mehr trocken, als feucht und wieder bei etwa 200 Höhenmetern ist der Schnee fast schlagartig verschwunden.
In Zieverich, nahe Bergheim wird kurz noch getankt. Nach Rekordzeit für die gegebenen Verhältnisse bin ich dann auch schnell wieder in Düsseldorf.

Lagerfeuer im Schnee

Lagerfeuer im Schnee

Hier gibt es am heiligen Sonntag leider keine Möglichkeit, mit einem Hochdruckreiniger das Salz von der Maschine zu spülen. Das darf bis morgen also drauf bleiben, denn dann muss ich ohnehin wieder auf zwei Rädern los. Wenn auch nur quer durch Düsseldorf und ohne Aussicht auf ein gemütliches Lagerfeuer.